10 Tipps für bessere Interviews von Profifragesteller Markus Tirok
Welche Tricks gibt es, ein Interview zu verbessern, und was solltet ihr unbedingt vermeiden?
Du hast dir eine hochkarätige Expertin oder einen prominenten Gast für deinen Podcast eingeladen und ganz plötzlich steigt deine Nervosität: Was, wenn er deine Fragen nicht richtig beantwortet und sich alle Details aus der Nase ziehen lässt? Was, wenn sie auf eine einfache Ja-Nein-Frage schier endlos referiert? Was, wenn deine Fragen eintönig und unkreativ rüberkommen? Und wie fragt man überhaupt richtig? Offen? Geschlossen? Mit viel Subjektivität oder gar ganz ohne?
In der aktuellen Folge unseres Podcasts FEED DIVE unterhält sich unser Head of Content Jürgen mit Markus Tirok von Interviewhelden. Ein Interview über Interviews sozusagen – und am Ende der Folge gibt es sogar direktes Feedback für unseren Fragesteller. Das Beste aber: Wer nicht hören will, darf lesen! In diesem Blogbeitrag fassen wir dir die wichtigsten Tipps zusammen, die uns Markus für bessere Interviews mit auf den Weg gegeben hat!
Fragt zuerst nach dem Warum!
Definier ein klares Ziel, was du mit deinem Interview erreichen möchtest. Warum führst du genau dieses Gespräch? Warum lädst du genau diese Expertin ein? Welche Absicht verfolgst du? Möchtest du Wissen vermitteln oder auf deine Agenda hinweisen? Möchtest du dein Publikum unterhalten oder eine Marke aufbauen? Möchtest du Aufträge generieren oder eine gute Zeit haben? Teil deinem Gast vorher deine Idee und dein Thema mit, vermeide es aber im deinen gesamten Fragenkatalog zu schicken – sonst droht das Gespräch schnell unflexibel zu werden. Das bringt uns zum nächsten Ratschlag:
Vorbereitung ist alles!
Recherchier deinen Gast und das Thema vorher. Bereite einen guten Fragenkatalog vor, der deiner Absicht dient. Dieser Fragenkatalog ist aber nicht dafür da, ihn statisch abzuarbeiten. Gute Vorbereitung schenkt dir Flexibilität. Dann kannst du im Thema springen, wenn es dem Gespräch guttut, aber jederzeit zu deinem roten Faden zurückfinden. Das große Geheimnis dabei: Je einfacher, scheinbar spontaner sich ein Interview anhört, desto mehr (Vor-)Arbeit war dafür wahrscheinlich vonnöten.
Die Eröffnung sollte kurz, klar und knackig sein!
Bereits im Vorgespräch oder unmittelbar vor der Aufzeichnung solltest du mit deiner Interviewpartnerin oder deinem Interviewpartner ein vertrauensvolles Miteinander hergestellt haben. Das sollte dir später dann den Einstieg ins Gespräch erleichtern. Um mit der ersten Frage das Eis zu brechen, solltest du deinen Gast auf keinen Fall mit einer Selbstvorstellung beginnen lassen – dabei gibst du zum einen das Zepter aus der Hand und zum anderen ist diese Gesprächseröffnung einfach sperrig, abgedroschen und zum Gähnen. Anstelle der 0-8-15-Eröffnung mit “Stell dich doch mal vor, was du so machst und wer du bist!” frag lieber etwas wie “Ich habe gelesen, dein neuestes Projekt als Regisseurin ist eine Dokumentation über Tapire, wie riechen die so?”.
Konkrete Fragen sind am besten!
Konkrete Fragen helfen dir und deinem Gegenüber nicht in inhaltsleere Laberei abzudriften. Du musst dir dabei auch keine superkreativen Fragen ausdenken, das wirkt oft viel zu bemüht oder verkopft. Auch wenn dein Gast eigentlich ein Gesprächsprofi sein sollte, kann es doch mal passieren, dass der Dialog mühsam wird und ins Stocken gerät. Bereite dafür einfach einige kurze, schnelle Fragen vor. Die Mär, dass geschlossene Fragen ein Gesprächskiller seien, ist längst überholt: Jeder Mensch hat etwas Spannendes zu erzählen, wenn man ihr oder ihm die richtigen Fragen stellt – und den Drang, mehr als nur ein “Ja” oder “Nein” von sich zu geben! Das kannst du übrigens wunderbar üben: Stell beim nächsten Gartenfest oder Kantinenbesuch deinem Gegenüber einfach mal ein paar einfache, aber aufrichtig interessierte Fragen und schau, wohin euch das Gespräch führt.
Kein Angst vor schwierigen Fragen!
Klar, du willst deinen Gast gut aussehen lassen und ein freundliches Gespräch führen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass du auf totalen Kuschelkurs gehen musst. Trau dich, auch schwierige und kritische Fragen zu stellen, die deinen Gast herausfordern. Schließlich ist sie oder er Experte im jeweiligen Gebiet und in der Regel darin absolut sattelfest. Mehr noch: Nur mit wirklich kritischen Fragen, erhalten die Antwortgebenden die Chance clever zu kontern – dieses Mehr an Reibung erzeugt auch mehr Aufmerksamkeit bei deinen Hörerinnen und Hörern.
Keine Angst zu unterbrechen!
Du allein verantwortest die Dramaturgie deines Gesprächs. Wenn deine Gäste abschweifen, leite sie charmant wieder zum Thema zurück. Dabei ist es nicht unhöflich, auch mal zu unterbrechen. Zum Beispiel kannst du etwas sagen wie “Lass mich dich bitte kurz unterbrechen – das ist ein total spannender Aspekt, aber ich würde jetzt gerne noch mal auf den Geruch der Tapire zurückkommen …”
Das aller-aller-beste Interview braucht keine Superlative!
Vermeide es, Fragen mit Superlativen zu stellen. Promis in Late-Night-Shows sind so etwas zwar gewohnt, normale Gesprächsgäste fühlen sich davon aber gerne mal überrumpelt. Oder kannst du sofort beantworten, was das absolut Beste war, das du jemals im Leben gemacht habs? Also anstatt zu fragen “Was war der entspannteste Tag deines Lebens?”, frag doch einfach “Beschreibe, wie ein Tag ablaufen muss, damit du ihn als entspannend empfindest!“.
Ah, Ähs, Ähms und Achsos!
Manche Podcastende möchten ihren Gegenübern signalisieren, dass sie zuhören und ganz bei ihnen sind. Vor allem, wenn ihr euer Interview von unterschiedlichen Orten aus aufzeichnet und euch eventuell gar nicht seht. Dafür brauchst du keine Hmmm-mmms und Ja-genaus – die täuschen Aufmerksamkeit nämlich nur vor. Bezeuge deine Aufmerksamkeit lieber mit smarten Anschlussfragen! Eine Übung dafür ist, bei deinem nächsten Gespräch mal nur darauf zu achten, keine beipflichtenden Laute von dir zu geben.
Reden ist Silber, Zuhören ist Gold!
Beim Podcasting verschwimmen die Grenzen zwischen journalistischem Interview und Austausch auf Augenhöhe. Gelungene Podcast-Episoden sind oft einfach nur gut geführte Gespräche. Dabei sind Empathie, ehrliches Interesse und Zuhören wichtiger, als akribisch den Fragenkatalog abzuarbeiten. Vielleicht geht das Gespräch in eine Richtung, die du vorher nicht zu träumen gewagt hattest. Heutzutage gibt es kein Gatekeeping mehr, bei dem nur Menschen mit einer journalistischen Ausbildung Interviews führen dürfen – und erst recht ist für öffentlich geführte Dialoge in den meisten Fällen auch keine übertriebene, professionelle Distanz nötig. Auch du als Interviewerin oder Interviewer kannst dich mit in ein Gespräch reinbringen, ohne aufdringlich zu sein. Denk dabei auch immer an deine Zuhörerschaft. Die stehen nicht einfach daneben und lauschen, wie zwei sich unterhalten – nein, sie möchten in das Gespräch mitgenommen werden … und bei Podcasts sind das oft auch Menschen, die dich und deine Meinung ohnehin schon kennen- und schätzen gelernt haben!
Der Sound muss stimmen!
Der Inhalt kann noch so aufschlussreich oder unterhaltsam sein, aber er ist nebensächlich, wenn der Klang schlecht ist. Informier dich also vorher über die Technik, teste die Programme und zeichne alle Teilnehmenden auf einer jeweils eigenen Tonspur auf. In der Postproduktion solltest du darauf achten, dass das Gespräch auch nach deiner Bearbeitung noch natürlich wirkt. Längere Pausen kannst du ruhig entfernen, aber sprachliche Stolperer dürfen gerne bleiben, damit das Gespräch authentisch klingt.
Ganz zum Schluss: Je besser du wirst, Interviews zu geben, umso besser wirst du auch, wenn dich jemand interviewt – denn auch die Antwortgebenden sind für ein gelungenes Ergebnis mitverantwortlich!
Schreib uns gerne auch deine Tipps und Tricks, die dir bei Interviews geholfen haben. Am Ende zählt, es einfach auszuprobieren und immer wieder zu üben, üben, üben: machen, lernen, besser werden.
Viel Spaß beim nächsten Interview!
Markus Tiroks Website findet ihr hier: https://www.tirok-training.de/
Hier könnt ihr die aktuelle Folge von FEED DIVE hören: